2. Dezember 2006

Nr. 7 Am Panamakanal

Liebe Mitreisende
Ihr in der Schweiz schreibt von Adventszeit, und auch hier in Panama City begegne ich jeden Tag neben den üblichen auch aussergewöhlichen Zeichen der baldigen Weihnacht. Da stehen übergrosse Krippenfiguren, aufblasbare Riesenkläuse oder ein über zehn Meter hoher künstlicher Pyramidenbaum mit greller Coca Cola Reklame drauf. Nicht mehr die heilige Zeit erwartet uns, sondern Sankt Cocacola... Nicht verwunderlich, denn in Panama herrscht offiziell - seit es vor einigen Jahren von den USA den Kanal erstritten, den Dollar als Zahlungsmittel aber behalten hat - ein Kapitalismus sondergleichen.

Panamas Lifestyle & Travel Magazin 9´80 ist voll von Reklame, die zum Kauf von Zweitwohnungen (bis über 500m2 Grösse) in bis zu 40 stöckigen Wolkenkratzern oder in irgend einer ausgeschiedenen Siedlung anmacht. Mit einem speziellen Programm werden Pensionäre aus den USA aber auch Europa angelockt, ihren Lebensabend in Panama zu verbringen. Drei aufgemachte Berichte von Paaren, die das bereits geschafft haben, werden bebildert gleich nachgeliefert. Angepeilt werden auch Menschen, die hier ein kleines oder grosses Unternehmen eröffnen möchten oder drauf aus sind, auf einer der vielen Banken schnelles Geld zu verdienen.

Im kleinen B&B (Übernachten und Frühstück) Hotel traf ich zwei schwedische Studenten, die ihre Dissertation über die städtischen Bodeneigenschaften im Hinblick auf mögliche Auswirkungen durch Erdbeben untersuchten. Ihre Ergebnisse bestätigen, dass die viele Meter dicke Lehmschicht und der darunter gelegen weiche Sandstein sehr unberechenbar sind. Deshalb würden Seismologen, die sie kennen gelernt hatten, nie in einem der vielen Wolkenkratzer von Panama City wohnen.

Das Hotel Balboa Bay wurde vor zwei Monaten von einer jungen Frau eröffnet, die mit einem Tessiner verheiratet ist. Es ist in einem alten, zweistöckigen Zweifamilienhaus, wo ich als einziger ein Bett im sechser Schlafraum belege. Ich bezahle pro Nacht zehn US-Dollar, was dem Tagesverdienst der Putzfrau entspricht. Gestern wurde ich zusammen mit den Schweden und den Hotelangestellten zu einem feinen Mittagessen eingeladen.

Wenn schon in Panama, besuchte ich gestern die Schleusen von Miraflores etwas ausserhalb der Stadt. Von einer Aussichtsterrasse konnte ich beobachten, wie innerhalb einer Stunde drei Containerschiffe in den zwei nebeneinander liegenden Doppelstufen bis auf den pazifischen Ozean abgesenkt wurden. Tagsüber werden die Schiffe Richtung Westen und nachts ostwärts, also zum Atlantik hin, durchgeschleust. Auf jeder Seite gibt es drei Stufen, nach oben oder unten, wobei einen Gesammthöhe von 26 Metern überwunden wird. Aus dem Lautsprecher vernahm ich, dass ein Schiff pro geladenen Container 9 Dollar bezahlen muss, und es Schiffe gebe, die über 250 davon geladen haben.

Noch mehr zur Kanalgeschichte erhaschte ich heute im Kanal-Museum, das sich in der Altstadt befindet. So hat der spanische König bereits 1534 eine Studie zum Kanalbau in Auftrag gegeben. Aber erst der Franzose Ferdinand de Lesseps machte sich, nachdem er 1869 den Suezkanal fertig gestellt hatte, 1880 an den Bau des Panamakanals. Doch seine zwei Versuche, ihn auf Meereshöhe einzugraben, scheiterten an geologischen Schwierigkeiten. Zudem starben über 20'000 Arbeiter an Malaria und Gelbfieber, deren Ursachen damals noch nicht bekannt waren. Später kauften die USA den Franzosen die Kanalrechte ab. Sie planten neu und eröffneten das "achte Weltwunder" nach zehnjähriger Bauzeit 1914.

Heute passieren über 30 Schiffe täglich den Kanal, doch die Nachfrage ist ausgeschöpft. So hat das Stimmvolk von Panama, das grösstenteils in der Hauptstadt wohnt, im Oktober einem erneuten Ausbau des Kanals zugestimmt. Damit noch mehr und vor allem auch grössere Schiffe als bisher passieren können, soll er verbreitert und vertieft und durch eine dritte Schleusenserie erweitert werden.

Aus Panama City sendet euch Fritz herzliche Grüsse für ruhige Adventstage.
PS. ich schreibe dies am 1. Dezember abends. Eben konnte ich über den Wolkenkratzern ein grossartiges Feuerwerk bewundern, und im Park mit dem Coca Cola Baum läuft ein Fest mit Samichlous für die Kleinen, einer Band, viel Fleisch und Cola, aber ohne Bier.

4 Kommentare:

At 10. Dezember 2006 22:48, Anonymous endo said...

Liebe Mitreisende,

fiebert Ihr auch mit, wenn Fritz sich gekonnt aus einer schwierigen Situationen rettet? Könnt Ihr nicht genug kriegen von den exotischen Abenteuern aus der Karibik?
Seit ein paar Tagen ist Daddy mit Andres unterwegs, und Andres aktualisiert sein Blog vorerst noch jeden zweiten Tag. (Wie lange hält er so durch?)

Für tagesaktuelle Details der Reise aus einem alternativen Blickwinkel: blog.myspace.com/dj_share

 
At 17. Dezember 2006 14:55, Anonymous Anonym said...

Hallo Fritz
Dein Bericht von Panama-City mit den Coacola Kläusen etc. erinnert mich fast einwenig an Singapor als wir vor einigen Jahren über Weihnacht dort waren!
Dir resp. Euch scheint es ja gut zu gehen - und das finde ich schön. Weihnacht bei sommerlicher Wärme ist schon etwas besonderes - und irgendwie für unser Empfinden nicht recht Weihnacht. Uns geht es "auch" recht gut. Die Weihnachtsgüzi sind gebacken und die Augen sehen wieder normal So können wir getrost und zufrieden dem neuen Jahr entgegen sehen . Auch Euch wünschen wir, trotz allem schöne Weihnachtstage und einen guten und gesunden Rutsch ins neue Jahr.
Janis & Co

 
At 20. Dezember 2006 20:30, Anonymous Anonym said...

Lieber Fritz, lieber Andres,
das ist ja spannend, was ihr alles erlebt! wir sind froh, dass es euch gut geht und wünschen euch auch weiterhin viele interessante Erlebnisse und Begegnungen. Uns geht es gut, wir würden uns freuen, wenn es endlich schneien würde aber nach Wetterbericht sieht es vorläufig nicht danach aus. Am 25. werden wir als ganze Familie zusammen Weihnachten feiern. Wir freuen uns. Wir wünschen auch euch schöne Festtage und alles Gute für eure Weiterreise ins 2007.
Mit herzlichen Grüssen S+S

 
At 21. Dezember 2006 20:43, Anonymous Anonym said...

Lieber Fritz
Im Auftrag von meiner Mutter (Marianne) schreibe ich dir. Deine Berichte sind sehr spannend. Wir wünschen dir frohe und gesegnete Weihnachtstage und dann einen guten Rutsch ins 2007. Wir hoffen, dass deine/eure Reise weiterhin nach euren Wünschen verläuft, und ihr gesund und glücklich bleibt.
Mit lieben Grüssen Regula, Marianne und Co.