Nr. 28 An der Westküste
Seattle, 12. Juli 2007
Liebe Mitreisende,
die Reise von San Francisco brachte mich mit mehreren Stopps per Bus der Westküste entlang nach Seattle. In dem fast ausschliesslich mit Wäldern bedeckten Hügelland lag bis mittags Bodennebel. So wurde es erst am Nachmittag, wenn die Sonne schien, angenehm warm. Der wilde Ozean ist dort interessant, wo er an Klippen schlägt. In solchen Abschnitten liegen auch abgelegene Sandstrände voller angeschwemmter Baumstämme.
Es freut mich immer riesig, wenn ich in Form eines Blogkommentars oder per E-Mail eine Reaktion oder Anregungen erhalte. Fragen zu meiner Reise sind ebenfalls willkommen. Bruder Simon schrieb mir vom regelmässig stattfindenden Familientreffen. Schülerinnen und ihr Lehrer am Napf, denen ich vor einem Jahr über meine Begegnungen im Ausland berichtete, schickten mir Grüsse. Auch von Vreni, Helga und Fränzi erhielt ich Post. Hier danke ich wieder einmal meinem Sohn Christoph, welcher die Bilder der Woche aussucht und den Reiseblog betreut. [Anmerkung des Angesprochenen: Bitte, gern geschehen, mein Beitrag ist rein kosmetisch, der Inhalt liegt ganz bei dir!]
Punkto Bilder: Die Rechner in den Hostels, in denen ich in letzter Zeit eingekehrt bin, sind leider zu langsam, um Fotos für den Blog zu laden. Und so bitte ich euch um etwas Geduld, bis die nächsten Bilder erscheinen. Weiter unten schreibe ich übers Fotografieren, meine Arbeit unterwegs. Morgen reise ich über die Grenze nach Kanada, wo ich am Sonntag Sibylle erwarte. Und dann mache ich für vierzehn Tage Ferien.
Ich wünsche euch allen weiterhin einen tollen Sommer — mit welchem Wetter er sich auch zeigt — und sende herzlichste Grüsse
euer Fritz
Reisen ist für mich auch Arbeiten. Es ist eine inspirierende und kreative Arbeit; sie fordert viel und beansprucht mich stark. Manchmal muss ich aufpassen, dass ich mich nicht überfordere. Das war ursprünglich anders geplant. Ich wollte vor allem einfach reisen, Menschen kennen lernen, und mit ihnen womöglich ein Wegstück gehen. Doch aus meinen Wünschen wurde bisher nichts. Darum musste ich mir für unterwegs eine Aufgabe geben.
Meine Arbeit ist das Fotografieren. Einen kleinen Ausschnitt des Werks könnt ihr betrachten als Bilder der Woche und im Blog. Aus all den Bildern, die ich aufnehme, entsteht eine Dokumentation über das Leben der Menschen im grossen Kontinent Amerika. Sie ist vergleichbar mit einem farbenfrohen Musikstück. Von den leisen, zarten zu den lauten, grellen Tönen. Von verborgenen (hintergründigen) Klängen — die liebe ich besonders — zu den bekannten Postkartenbildern. Wenn ich zurück komme, werde ich reiches Material haben, aus welchem eine Foto-Oper entstehen kann.
Immer wieder verfalle ich der Versuchung und fotografiere das, was nach meinen Informationen, nach meinem Kopf, eine Landschaft oder eine Stadt ausmacht und prägt. Es ist das, was als ein Muss im Reiseführer steht. Dazu kommen noch die wiederkehrenden Aufnahmenthemen, welche ich mir für diese Reise gegeben habe: Bäume, Wälder, Parks, Gärten, Kirchen, Friedhöfe, Kehrichtentsorgung, meine Hotels und Coca-Cola Reklamen.
Was mich aber vor allem interessiert und fasziniert, sind neue Aufnahmen, neue Sichtweisen. Es sind Bilder, die noch niemand in diesem Ort fotografiert hat. Solche die den Charakter, das Verborgene eines Ortes offenbaren. Bilder die mich überraschen, traurig machen oder begeistern! Nicht ich suche diese Bilder, sondern sie mich. Sie treffen auf mein waches Auge und schwups sind sie in Pixel verwandelt. Damit das geschehen kann, begebe ich mich spontan, sozusagen ziellos auf den Weg. Vielfach bin ich dann für Stunden zu Fuss unterwegs. Bei Hitze, Regen oder Wind begegnen mir die farbgetönten Motive und bitten: "nimm mich mit".
Warum geniesst er nicht einfach die tollen Orte wo er hinkommt, werden einige von euch mit Recht denken. Doch Fotografieren ist meine Leidenschaft, meine Passion! Aber auch meine Überlebenshilfe beim Allein-Unterwegs-Sein. Ich kann nicht in feinen Hotels und Restaurants einkehren oder teure Veranstaltungen besuchen. Drinkparties mag ich auch nicht. Der grosse Vorteil der digitalen Fotografie ist, dass ich drauflos knipsen kann bis der Speicher voll ist. Und dann am Abend vor dem Einschlafen im Halbdunkel auf dem Bett liegend kann ich mein Tagwerk betrachten, auswählen und löschen, was nichts taugt. Denn gute Fotos entstehen nur durch radikales Ausmerzen, was mir noch nicht immer gelingt. Nun ist der Speicher wieder fast leer und bereit für die nächsten Bilder, die darauf warten, eingefangen zu werden...
1 Kommentare:
Sälü Daddy,
ich wünsche dir jetzt erholsame 14 Tage "Ferien" mit Sibylle zusammen. Ich hoffe, dass du trotz Ferien das eine oder andere Foto machen wirst.
Alles Gute