18. Januar 2008

Nr. 42 Fotobericht zum Coro Treck

Potosi, 18. Januar 2008
Liebe Mitreisende

In der vergangenen Woche machte ich mit Führer Pasqual den bekannten dreitägigen Coro Treck. Er führt von La Paz ins östliche Bergland, die Yungas. Siehe dazu den Bildbericht weiter unten.

Nach dem Treck folgten drei Ruhetage im Touristenort Coroico (1900 m). Coroico liegt am Rande des wichtigsten Coca-Anbaugebietes Boliviens. Den Cocabauern scheint es besser zu gehen als ihren Kollegen auf dem Altiplano. Sie haben mehrstöckige Häuser aus Ziegelsteinen mit Zementverputz, während letztere in kleinen einstöckigen Gebäuden aus Erdziegeln leben.

Auf der erst vor einigen Jahren gebauten Strasse kehrte ich nach La Paz zurück. Unterwegs regnete es, doch noch vor dem Übegang in die Stadt hellte es auf. Die durch den aufsteigenden Nebel brechende Sonne verwandelte die Gebirgslandschaft mit den vielen Wasserläufen und -fällen in eine entzückende Märchenwelt.

Am nächsten Tag fuhr ich mit dem 10-Uhr-Bus ins 300 km entfernte Oruro. Oruro hat gegen 300'000 Einwohner und ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in der Ebene des Atiplano. Viele Strassen in der Stadt sind breit und mit Pappel- und Ulmenalleen gesäumt — eine Seltenheit und grosse Wohltat im sonst baumlosen Hochland.

Gestern dann folgte die Weiterfahrt nach Potosi. Nach zwei Stunden verliessen wir die Ebene und fuhren weiter durch ein wenig besiedeltes Gebirgsland. Auf grünen Wiesen weideten Alpakas, Lamas und Schafe. Und auf steinigen Hängen beobachtete ich weisshaarige Pfeifenkakteen. Gegen Ende der fünfstündigen Reise trat immer mehr rote Erde an die Oberfläche. Vorboten der Minenstadt Potosi. Über Potosi, den kolonialgeschichtlich wichtigsten Ort Boliviens, werde ich im nächsten Blog berichten.

Ganz herzlich grüsst euch euer Fritz


Ein Hinweis
Einige von euch erinnern sich an Martin, der an der Ausstellung in Wohlen vor einigen Jahren die einführenden Worte sprach. Am 1. Januar nun hat Martin eine USA-Durchquerung zu Fuss begonnen. Seine Botschaft unterwegs: Ein neues Energiezeitalter, ohne Atom- und fossile Energie! Seine Reisenotizen — informativ, tiefgründig und unterhaltsam — sind zu lesen unter SUNwalk 2008, oder in einer Suchmaschine "Martin Vosseler" eingeben.


Der Coro Treck
Der Coro Treck beginnt 30 km östlich von La Paz auf einer Höhe von 4900 Metern. Für 75 km folgt er einem Gewässer, welches in Chairo am Ende des Trecks auf 1300 Metern bereits zu einem Fluss angewachsen ist. Während der Trockenzeit im Sommer sind auf dem beliebten Treck bis zu 100 Wanderer unterwegs. Ausländer und Einheimische übernachten auf vorgegebenen Zeltplätzen.
Jetzt aber zeigten sich keine weiteren Interessenten, und so buchte ich die Reise für mich allein. Das war etwas teurer, hatte aber den Vorteil, dass ich das Wandertempo festlegen konnte. Obschon ich recht gut trainiert war, meldete sich nach einem Abstieg von 2000 Metern auf Kopfsteinen gleich am ersten Tag ein heftiger Muskelkater in den Waden. Am zweiten Tag schmerzten die ganzen Beine. Zudem war das von Pasqual gebotene Essen eher dürftig für acht Stunden Wandern am Tag. Zum Znüni und Zvieri verzehrte ich jeweils einen mitgebrachten Snickers, welcher mir die Kraft zum Weitergehen schenkte.


In Cumbre auf 4900 Metern startet die Wanderung; der Boden ist schwarz und fast pflanzenlos. Das Taxi, das uns hierher gebracht hatte, wurde nun gefüllt mit Bauern aus dem Tal, die nach La Paz wollen.

Lamas als Tragetiere; sie tragen bis 20 kg Last. Bei mehr Ladegewicht streiken sie, sagt man. Das Tal mit einigen tausend Bewohnern hat noch keine Fahrstrasse.

Der "Inka Saumpfad"; wahrscheinlich schon von früheren Völkern benutzt. Er verbindet das Altiplano mit dem Amazonastiefland. Er wurde im oft steilen Gelände sehr stabil angelegt und ist so bis heute weit gehend intakt geblieben. Dank seinem geringen Gefälle kommt er fast ganz ohne Stufen aus, was das Gehen sehr erleichtert. Über weite Strecken ist er mit Kopfsteinen belegt.

In der Siedlung Chucura (3000 m); das Wohnhaus von Pasqual. Wir treffen seine Frau und zwei seiner Töchter. Sobald die Schulferien vorbei sind, werden sie gemeinsam zur dritten Tochter und der Grossmutter nach La Paz ziehen, wo die Familie ein zweites Haus besitzt. Für uns müde Wanderer gab es keine Begrüssung, keinen Tee. Erst für das Foto gab sich Pasquals Familie freundlich und familiär. Und dann durfte ich sogar die Küche (rechts im Bild) von Innen fotografieren.

Neues Landschaftsbild; unterhalb von 3000 Metern beginnen immergrüne Wälder. Der Weg führt fast nur durch Sekundärwald. Urwälder mit alten Bäumen gibt es im Catapata Nationalpark nur in abgelegenen Tälern. Im baumlosen Hochtal werden Kartoffeln und Okra angebaut. Viele Bauern verdienen als Führer ein gutes Zugeld.

Im Regenwald; Bromelie und Farn. Es ist Regenzeit. Überall wachsen üppige Kräuter aller Art. Von einigen wusste Pasqual die Namen und ihre Wirkung als Heilpflanze.


Mais, Yuka usw; Ackerbau zur Selbstversorgung ist erlaubt. Dazu wird irgendwo ein Stück Wald umgehauen und verbrannt. Nach zwei, drei Jahren wird der Acker mangels Fruchtbarkeit aufgegeben und man rodet anderswo. Immer wieder kommt es zu grossflächigen Waldbränden. Der Park wird integriert verwaltet, das heisst, der Staat macht die Vorschriften, und die betroffenen Gemeinden versuchen sie umzusetzen.

Neue Hängebrücken, von Deutschland finanziert. Infolge einer defekten Seilbahn sind mehrere Leute und auch ein deutscher Tourist ertrunken. Darauf wurde Deutschland aktiv und baute sechs Brücken. Und in den Siedlungen kleine Wasserkraftwerke zur Stromerzeugung.

Überraschung am Wegrand; eine extravagante Orchidee.

Zwei Geschwister; insgesamt sind sie sieben. Auf den ersten Blick erscheinen sie vernachlässigt. Doch ich staunte nicht wenig, als ich ihre Phantasie im Spielen sah: Spielgeräte aus Konservendosen und vielem mehr. Anderswo endeckte ich ein Modell eines Bauernhofes aus Erde modelliert, mit Garten aus gesteckten Blumen und Gemüsen.

Fritz und der Japaner; er erklärt die Schweiz. Als Schreiner hat er sich vor neun Jahren hier in Sandillani (1900 m) niedergelassen. Heute führt er das Besucherregister und vermietet Zeltplätze. Zurück von der Besichtigung seines grossen Gartens zeigte der 83-Jährige uns ein Fotobuch meines Landes. Akzentlos spricht er die Ortsnamen aus. Er war nie in der Schweiz.

Regen in Sicht; weit über dem Tal. Während der drei Tage unterwegs regnete es nur einmal, dafür ausdauernd. Es begann beim zweiten Zmittag. Weiter ging's in der feuchtwarmen Luft in Shorts und mit Regenschirm. Vier Stunden später stellten wir in San Franzisco (2000 m) unsere Zelte unter ein Plastikdach, das die Bauernfamilie für Touristen bereit hält. Es regnete die ganze Nacht weiter und liess erst nach kurz bevor wir aufbrechen wollten. So erreichten wir Chairo trocken und bei Sonnenschein. Einen Tag später lass ich in der Zeitung von verheerenden Überschwemmungen in Cochabamba (weiter südlich).

1 Kommentare:

At 26. Januar 2008 17:11, Anonymous el loco del barrio said...

liebster vater

wie sehr mir das unterwegs-sein mit dir fehlt! oft denke ich an dich und frage mich wie es dir so ergeht. gerade die bilder zum coro-treck wecken in mir erneutes fernweh, nun nehme ich halt mit zwei wochen ausspannen mit sheila in barcelona und paris vorlieb. ich wünsche mir fest, dass du trotz der in einem zurückliegenden blogeintrag erwähnten enttäuschungen nicht resignieren und täglich neuen reisemut fassen mögest. die leute, denen ich von deinem projekt erzähle finden es allesamt super, was du da unternimmst!

mit den besten gedanken bei dir,
dein jüngster sohn