11. Juni 2007

Nr. 25 Durch Mexikos Norden

Tucson, den 11. Juni 2007
Liebe Mitreisende,

seit vier Tagen bin ich in den USA. Vom Grenzort El Paso in Texas hierher nach Tucson in Arizona durchfuhr ich im hellen Abendlicht ein breites, tafelebenes Tal. Niedrige Büsche, zwei Stromleitungen, eine Eisenbahnlinie, die Autobahn, einige Kuhherden, wenige Dörfer, sonst nichts als Weite, einfach Weite. Hier ist fast alles anders, doch davon in nächsten Blog. Heute berichte ich über die Reise durch Städte und Landschaften im Norden Mexikos. Übrigens: Im Blog Nr. 22 gibt es eine Landkarte von Mexiko, die sich durch Klicken öffnen lässt. Mit dieser Karte lässt sich die Reiseroute anhand der Namen nachvollziehen.
Einen schönen Sommer wünscht mit herzlichen Grüssen
fritz


Im letzten Blog schrieb ich, dass Andres bald in die Schweiz zurückfliegen wird. Am 24. Mai, einen Tag nach seiner Abreise, verliess auch ich die Stadt Mexico. Ich verbrachte die Woche dort geruhsam, wanderte durch die bevölkerten Strassen und Parks, besuchte Museen und ruhte. Drei Ereignisse waren wichtig: Der Besuch der zwei Pyramiden in Teotihuacán, zusammen mit Andres und Karina in ihrem Auto. Gebaut und bewohnt von einer Kultur, die mehr als zweitausend Jahre alt ist. Wieso diese Pyramiden riesigen Ausmasses gebaut wurden blieb bisher ein Rätsel. Unser Besuch viel auf einen Sonntag, und Hunderte von Menschen aus dem nahen Mexiko City erklommen bei grosser Hitze die über 50 Meter hohe Spitze.

Das Museum für Geschichte und Anthropologie hat mit Recht Weltruf. Mit grossem Aufwand und auf viel Raum werden die wichtigsten Minderheiten des Landes vorgestellt; unten die vorkoloniale Zeit und im ersten Stock ihr Leben seither. Kulturgegenstände, Nachbauten, Kunsthandwerk, Fotos, Zeichnungen, Texte und Videos erlauben ein mannigfaltiges Bild der wichtigsten indigenen Völker Mexikos. Doch eine Frage bleibt: Diese Völker sind eine der wichtigen Touristenattraktion in Museen, Büchern und Prospekten. Warum aber leben sie bis heute am Rande der Gesellschaft? Ihr Lebensraum in den ländlichen Gebieten wird immer enger und das tägliche Überleben durch die Anfertigung und den Verkauf von Handarbeiten härter.

An einem Tag besuchte ich das Haus von Frida Kahlo. Bei uns wurde die Künstlerin bekannt durch dem Film Frida. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Diego Rivera beeinflussten beide das künstlerische und politische Leben Mexikos in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Diego stiess mit seinen engagierten grossflächigen Wandmalereien in der Heimat, aber auch in den USA, immer wieder auf Schwierigkeiten. Gradlinig ging er seinen Weg und liess sich weder vom Klerus noch vom Staat einschüchtern, deren oft unmenschliches Verhalten er in seinen Bildern zur Schau stellte.

Querétaro, die erste Stadt, in der ich auf meinem Weg in den Norden einkehrte, war grossartig. Diese koloniale Stadt, reich gworden durch nahe Silberminen, kann stolz sein auf ihre gepflegten Strassen, Gehwege, Parks, Plätze, Kaffees und Häuser! (Siehe dazu Blog Nr. 24 "Ein Abend in Querétaro").

Ein Wochenende verbrachte ich in Guanajuato, dem Geburtsort von Diego. In engen Tälchen gelegen hat der Ort ein für Mexiko einzigartiges Stadtbild. Der Hauptbach ist überdeckt mit einer Strasse und diese wiederum mit Häusern, Plätzen oder weiteren Strassen. Tunnels unter den Hügeln verbinden die einzelnen Stadtteile. Farbige Häuser stehen bis weit an die Hänge hinauf.

In den folgenden zwei Tagen zog ich weiter nach Zacatecas und Durango. Hier wurde mir meine Kamera gestohlen. So konnte ich auf der achtstündigen wunderschönen Busfahrt hinab zum 2500 Meter tiefer gelegen Pazifik keine Fotos machen. Die Strasse schlängelte sich durch Hügel mit Föhrenwäldern und dann für 100 km einer steilen Flanke entlang mit atemberaubender Aussicht. Im Mazatlan machte ich einen Tag Halt, um eine neue Kamera zu kaufen. Leider war es der hohen Wellen wegen unmöglich richtig zu schwimmen.

Am 1. Juni reiste ich weiter der Küste entlang nach Los Mochis. In der Küstenebene (über 400 km lang und 20-50 km breit) wird auf riesengrossen Feldern vor allem Mais, etwas Sorgum und Gemüse angebaut. Die Kernkammer Mexikos wird bewässert aus Flüssen, die in bis zu 1500 Meter tiefen Canyons aus den Hochland dem Meer zu strömen. Durch ein solches Tal reiste ich am folgenden Tag per Einsenbahn hinauf nach Creel auf 2400 Meter über Meer. Es ist die einzige Linie in Mexiko, die heute noch Personen befördert.

Creel kann irgendwie verglichen werden mit Davos, obschon es wiederum ganz anders ist. Davos wird umgeben von Schneebergen, die im Winter und Sommer bestiegen werden. Creel liegt inmitten flacher, mit Föhren bewaldeter Hügel, seine Sehenswürdigkeiten liegen in den tiefen Canyons in der Umgebung. Das Volkloristische hier sind nicht Alphornbläser, sondern bunt gekleidete Indianerfrauen mit ihren Kindern. Sie verkaufen selbst gemachte Körbchen und Webereien. Wie in Davos gibt es auch hier dutzende von Hotels verschiedener Grösse, die auch hier die meiste Zeit leer stehen. Hier gibt es sogar eine Kläranlage, die aber im Gegensatz zur — wie ich annehme — funktionierenden Davoser Variante nicht funktioniert, weshalb der Stadtbach eine stinkende Kloake ist. In den Tagen, die ich in Creel verbrachte, wanderte ich in der nahen Umgebung und genoss das billigste Hotelangebot Mexikos: Halbpension für 15 Franken im Mehrbettzimmer.

Auf dem Weg weiter nordwärts machten die Wälder allmählich flachem Busch- und Grasland Platz. Hier und da gibt es Grundwasser zum Bewässern von Apfelkulturen oder Nussbäumen. Richtung Grenze zu den USA wurde es immer flacher und trockener. Einmal durchfuhren wir sogar Sanddünen...

3 Kommentare:

At 14. Juni 2007 14:49, Anonymous Anonym said...

Lieber Fritz
Mit grossem Intertesse habe ich von deinen Reiseerlebnissen und Schilderungen der verschieden Lebensformen in den Südamerikanischen Ländern, den Beschreibungen der schönen Städte, gepflegt und auch nicht, Kenntnis genommen. Du schilderst es so lebendig, man meint neben dir zu sitzen.
Wie geht es dir gesundheitlich?? Wann kommst du wieder in die kleine Schweiz zurück, oder bleibst ganz da drüben? Ich freue mich wieder mal von dir persönlich zu hören.
Noch eine schöne lange Reise, wo immer du bist. Uebrigens interesiert mich noch, ob du die Reise so organisiert hast oder alles reiner Zufall und wie ist es den mit den verchiedenen Visas.
Ganz liebe Grüsse
Helga B.